Die Eier-Challenge
In den sozialen Medien gab es neulich einen Aufruf, ein Video hochzuladen, in dem die Reaktion eines Kleinkindes gefilmt wird, wenn Mama oder Papa während des Kochens ein rohes Ei statt an der Schüssel auf der Stirn des Kindes aufschlagen. Video über Video mit Kindern, die „Aua“ sagen und erschrocken sind, dazu Mütter und Väter, die sich schlapp lachen über die Reaktion.
Lachen auf Kosten anderer
Dass so viele Menschen dabei mitgemacht haben zeigt wohl, wie tief verwurzelt die Überzeugung ist, dass man mit Kindern machen kann, was man will. Ihre Grenzen werden nicht gesehen, sie dürfen beschämt und ausgelacht werden, ihre Gesichter werden der ganzen Welt gezeigt, damit sie mitlacht.
Ein alternativer Weg
Ein Video aber war ganz besonders. Es ist von einer Frau, die zeigt, wie man die „Challenge“ richtig macht: Sie sagt ihrem Zweijährigen, dass sie etwas Lustiges ausprobieren will und fragt, ober er ein Ei auf ihrer Stirn aufschlagen will. Er will zuerst nicht und hält es nur ganz sanft an ihre Stirn. Sie sagt „fester“ und er sagt, „nein, ich will nicht“. Und das wird von ihr akzeptiert. Sie fragt: „Darf ich das Ei an deinem Kopf aufschlagen?“ Und auch das darauf folgende „Nein!“ wird nicht in Frage gestellt. Die beiden schlagen das Ei an der Schüssel auf und kochen gemeinsam weiter.
Scham als Bestandteil unserer Kultur
Warum ich das ganze erwähnenswert finde: ich glaube, dass fast alle Menschen in ihrem Leben eine solche Situation erlebt haben, sei es nun durch Eltern, Lehrer oder andere Leute. Und wahrscheinlich haben wir auch alle schon mal jemanden beschämt. Das muss kein Drama sein. Wer auf Zack ist und merkt, was da passiert, kann es ansprechen und die Beschämung so zurückweisen (oder sich entschuldigen). Wenn du aber von klein auf immer wieder erlebt hast, dass dein Nein nicht gilt, oder dass es scheinbar Menschen zweiter Klasse gibt, erkennst du den Mechanismus vielleicht gar nicht.
Ich kann Überzeugungen nur hinterfragen, wenn sie mir bewusst sind. Scham ist fester Bestandteil in unserer Gesellschaft, Beschämung ist ein Machtinstrument.
Beachtlich finde ich übrigens, dass die Frau in dem Video die anderen Eltern nicht im Gegenzug ebenso beschämt, sondern einfach eine Alternative aufzeigt.
Scham macht krank
Scham kann sich in alle Lebensbereiche hineinfressen und dich daran hindern, dich frei im Leben zu bewegen, anderen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen oder dich regelrecht krank machen.
Wichtig ist zu lernen, Beschämung zu erkennen. Wenn ich die Ursache bin: wie geht es besser? Wenn ich betroffen bin: wie kann ich mich befreien?
Wie ich dich unterstützen kann
Manchmal ist schon der Gedanke, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen (egal mit welchem Anliegen) mit Scham behaftet. Scham, nicht gut genug zu sein, ein Versager, zu schwach, nicht richtig… Die seelische Not ist meistens groß, wenn der Schritt gemacht wird. Damit es vielleicht etwas leichter ist, kannst du direkt hier und jetzt online ein kostenfreies telefonisches Vorgespräch buchen. Dann ist die erste Hürde genommen. Danach entscheidest Du, wie es weitergeht.