Mit Erwartungen ist es so eine Sache – wir alle haben sie, aber sie taugen nicht immer. Auf eine Art ist es schön, erwartungsvoll zu sein. Voll guter Hoffnung, sagt man, wenn eine Frau schwanger ist. Wir freuen uns auf Weihnachten, Urlaub, Wochenende, Wiedersehen, immer in der Erwartung, dass etwas Schönes, Tolles auf uns wartet. Andererseits haben wir manchmal auch gar keine guten Erwartungen – wir warten nur auf die Absage, die Kränkung, das Verlassenwerden, das Schlimme.
Bin ich mir meiner Erwartungen überhaupt bewusst?
Für mich macht den größten Unterschied, ob ich mir meiner Erwartungen bewusst bin und sie vielleicht sogar für mich nutzen kann, oder ob ich gar nicht mitbekomme, dass ich überhaupt Erwartungen habe (und sie ja dann natürlich fast zwangsläufig enttäuscht werden).
Der Nutzen
Im beruflichen Bereich gelingt es oft leichter, Erwartungen positiv zu nutzen. Sie helfen uns, Ziele zu setzen und fokussiert an einer Sache dran zu bleiben, sie dienen als Motivationshilfe, um Dinge zu erreichen und sie bringen uns dazu, uns vorzubereiten auf neue Situationen. Im besten Fall führen sie – egal ob beruflich oder privat – zu Selbstreflexion: Was sind meine Werte? Meine Prioritäten im Leben? Bin ich da auf Kurs? Ist meine Erwartung an das Leben Erfolg, Familie, Entwicklung? Was tue ich dafür?
Die Last
Schwierig wird es, wenn wir an Erwartungen scheitern, seien sie nun von uns selbst oder von anderen an uns gerichtet. Es ist nicht immer leicht, Erwartungsdruck standzuhalten, der Stress wird schnell zu Angst oder gar Lähmung, Enttäuschung steht im Raum und vielleicht sehe ich gar nicht mehr, was vielleicht positiv war oder welche Chancen sich ergeben, weil ich so fixiert bin. Starre Erwartungen führen schnell zu Stagnation.
Und ganz schlimm ist es mit den nicht kommunizierten Erwartungen: ich wünsche mir etwas, sage aber niemandem Bescheid. Ich will etwas und der andere soll das wissen, ohne dass ich es ausspreche.
Erwartungen zu haben ist ganz normal
Erwartungen haben wir immer und überall: wir erwarten, dass Dinge nach Plan laufen, funktionieren, gelingen, nicht stören, etwas wollen, nichts von uns wollen. Da ist Therapie keine Ausnahme.
Erwartungshaltung in der Therapie
Manche Menschen wollen gerettet werden, andere glauben nicht so recht daran, dass irgend etwas ihnen helfen wird. Manche suchen Bestätigung für ihre Überzeugungen, andere die totale Veränderung. Für manche muss es ganz schnell gehen, und manche brauchen starke Emotionen, große Aha-Momente. In der Paartherapie erwarten oft beide Partner, dass in der Sitzung dem anderen jetzt endlich einmal von neutraler Stelle gesagt wird, dass er falsch liegt und er das Problem ist. Enttäuschung, Frust und Wut über nicht erfüllte Erwartungen werden da schnell auf die Therapie oder den Therapeuten projiziert.
Lernen, sich mitzuteilen
Deswegen ist Kommunikation hier wie in jeder Beziehung so wichtig: Was wünschst du dir? Was sind deine Erwartungen an die Therapie? Was willst du lernen? Was brauchst du, um dich sicher zu fühlen? Du musst nicht alle Fragen beantworten können und es gibt wahrscheinlich noch viel mehr Fragen, die sich erst im Laufe der Zeit stellen. Aber du bist gefragt, dich mitzuteilen. Manche Erwartungen können vielleicht ganz schnell erfüllt werden, wenn sie einmal ausgesprochen wurden. Bei anderen zeigt sich eventuell, dass ein ganz anderes Bedürfnis dahinter liegt.
Bewusst mit den eigenen Erwartungen und denen des Umfeldes umzugehen, kann ein echter Befreiungsschlag sein – auf einmal kann ich wählen, frei entscheiden, mich umorientieren. Ich darf flexibel sein und kann mich öffnen für mein Gegenüber.
Wenn du das lernen willst: ruf gerne an.