Commitment

Commitment“, das ist so ein Wort, das sich in meinen Wortschatz eingeschlichen hat und sich dem Eindeutschen beharrlich verweigert. Es gibt natürlich Übersetzungen im Wörterbuch, da findet sich Engagement, Einsatz, Verpflichtung, Bindung, Versprechen. Je nach Kontext passt mal das eine, mal das andere Wort besser. Aber irgendwie trifft es das alles nicht so ganz. Gemeint ist im therapeutischen Zusammenhang die freiwillige Hingabe, die Selbst- oder Handlungsverpflichtung. Das heißt also, ich spreche mich fest für eine Entscheidung aus, ich handle selbstverpflichtend, ich gebe mich hinein in den Prozess.

Warum die lange Einleitung?

Was es für das Gelingen einer Therapie unbedingt braucht, ist dein Commitment. Es ist dein Wunsch nach Veränderung, dein Wille, etwas zu lernen, dich selbst besser kennenzulernen, aus alten Mustern auszusteigen, ein besseres, volleres Leben zu leben, das dich Hilfe suchen lässt. Wenn du aber all diese Wünsche und all das Wollen an der Garderobe ablegst, die Verantwortung an den Therapeuten abgibst nach dem Motto „Mach mal, und am besten schnell und günstig“ – dann wird es schwer und zäh. Dann macht es wenig Spaß und wahrscheinlich hörst du irgendwann gefrustet auf. „Therapie hat nichts gebracht, ich hab es ja immer gewusst, keiner kann mir helfen…“

Wie kann Commitment konkret aussehen?

Commitment beginnt schon, bevor du einen Termin vereinbarst. Manchmal bekomme ich einen Anruf und im Gespräch kann ich spüren, wie der Anrufer einen inneren Rückzieher macht. Sätze wie „das kann ich mir nicht leisten“, „da arbeite ich, gibt es keinen Abendtermin?“ oder „wie oft muss ich kommen?“ sind typische Ausflüchte.

Geld

Denn was heißt „das kann ich mir nicht leisten?“ Die Gegenfrage ist doch: Kannst du es dir leisten, so weiter zu machen? Und was bist du selbst dir wert? Wo sind deine Prioritäten?

Sehr oft steht nicht wirklich ein Mangel an Geld im Weg, sondern gelernte Überzeugungen Geld gegenüber laden das Thema auf: Darfst du Geld für dich ausgeben? Macht es dir Angst? Lebst du in Fülle oder im Mangel? Ist Geld schmutzig? Darfst du etwas kosten? Und hast du einmal ausgerechnet, wie teuer es wirklich wird wenn du, sagen wir, 2x im Monat für 6 oder 12 Monate zur Therapie gehst? Geld ist für viele Menschen mit so viel Emotionen, Geschichten und Glaubenssätzen verbunden, da ist es durchaus hilfreich, sachlich und nüchtern eine Rechnung aufzumachen.

Zeit

Ich kann nicht zu den Sprechzeiten“. Sicher, du hast Verpflichtungen, eine Arbeit, Familie. Aber ehrlich: hast du deinen Zahnarzt schon einmal gefragt, ob er für dich auch abends öffnen könnte? Bist du so unabkömmlich, dass du keine zwei Stunden (Wegezeiten eingerechnet) fehlen kannst, ohne dass alles zusammenbricht? Und wenn ja – ist das nicht ein Fehler im System? Musst du dieses System aufrecht erhalten? Ich verstehe natürlich, dass ein einmaliger Zahnarztbesuch leichter zu kommunizieren und zu planen ist, als regelmäßige Therapiesitzungen. Die Frage ist jedoch auch hier wieder: wie wichtig bist du? Wie bereit, etwas an deinem Leben, deiner Gesundheit zu ändern? Oft sind es nicht die äußeren Faktoren (zu viel Arbeit, uneinsichtiger Chef etc.) als vielmehr die inneren, die Hürden sehen und keine Möglichkeiten.

Wie lange dauert das?

Wie oft muss ich kommen?“ Ich verstehe diese Frage, nur beantworten kann ich sie nicht. Zu Anhaltswerten habe ich an anderer Stelle schon geschrieben (Blogbeitrag „Zeit“ und „Wie lange dauert eine Therapie?“), hier möchte ich sagen, vielleicht hilft eine andere Perspektive:

Stell dir vor, du lernst jemanden kennen. Du findest ihn interessant und nett. Was er zu erzählen hat ist spannend. Die Zeit vergeht wie im Flug. Du willst ihn wiedersehen, mehr erfahren. Manchmal vergehen Jahre, bevor ihr euch wiederseht, du lernst etwas neues über ihn. Du „musst“ diesen Menschen nicht treffen genau so wenig wie du zur Therapie „musst“. Du willst! Eine Therapiesitzung ist eine Verabredung mit dir selbst. Oft sind zu Beginn Sympathie für und Neugier auf dich überschattet von Ablehnung und Angst. Aber wer könnte spannender sein als Du? Du hinter den Geschichten, die andere und du über dich erzählen?

Du wirst nie „fertig“ sein, das ist die vielleicht ehrlichste aber doch auch die aufregendste Antwort. Es wird natürlich nicht immer nötig sein, den Weg mit therapeutischer Begleitung zu gehen. Vielleicht kommst du jetzt eine Weile, und dann in ein paar Jahren wieder, wenn etwas neues auftaucht, das gesehen werden will.

Und um jetzt doch eine konkrete Antwort zu geben: ich glaube, dass weniger als 10-12 Sitzungen keinen Sinn machen. Wenn du zum ersten Mal Therapie machst: gib dir ein Jahr, in dem du am Ball bleibst.

Dein Vertrag mit dir selbst

Commitment heißt: Ich komme, mit meinem ganzen Sein, meiner Aufrichtigkeit, Verletzlichkeit und Wahrheit, so gut wie es mir möglich und solange wie es notwendig ist. Ich übernehme Verantwortung für meinen Prozess, meine Reise, meine Erfahrungen.

Zur Therapie zu gehen, aus freien Stücken, mit dem eigenen Geldbeutel, kann ein Akt der Selbstermächtigung sein, der kraftvoller ist als alles, was du bisher kanntest. Ich freue mich auf dich!